Zuchtwertschätzung - eine metrische Methode
für die
Praxis
Ich habe mir hierüber auch lange den Kopf zerbrochen, habe die
ganzen Theorien zur Zuchtwertrechnung mal angeschaut.
Ende vom Lied ist, dass ich der Meinung bin, dass man die
schönen akademischen Methoden in der Hundezuchtpraxis nur sehr
eingeschränkt anwenden kann. Warum komme ich zu diesem
Schluß?
1. Die Methoden sind sehr theoretisch, wenig transparent für
den Züchter
2. Die Methoden stehen und fallen mit der Vollständigkeit der
Daten
Zuchtwertschätzung muss über 3 Schienen laufen:
1. Zuchtwertschätzung aufgrund der Ahnen
2. Zuchtwertschätzung aufgrund der Nachkommen
3. Zuchtwertschätzung aufgrund der Familie (Eltern,
Großeltern, Tanten, Onkeln und Geschwister und
Halbgeschwister)
Ziel muss es sein, für diese 3 Schienen für jedes
Merkmal, auf das wir den Zuchtwert hin schätzen, ein Verfahren
zu finden, dass erlaubt schlußendlich eine Zahl zu errechnen.
Im knallharten Sinne eine Beurteilung.
Das Ergebnis so eines Unterfangens sind am Ende eine Flut von
Zahlen. Nur deren Gesamtheit kann schließlich bewertet werden.
Ich weiss, jetzt laufen wieder alle Sturm, die mir vorwerfen, ich
würde Zucht zur Rechenschieberei verkümmern, aber
nochmal, all diese Modelle sind NUR Modelle, die Entscheidungen
erleichtern sollen. Sie können nie eine individuelle
Entscheidung ersetzen, diese kann aus guten Gründen allen
Zahlen entgegen laufen, wen dies jemand verantwortet, dann
ist das alles ok, schlußendlich liegt die
Verantwortung bei den Zuchtentscheidenden NIEMALS liegt die Last der
Entscheidung auf einem Modell oder gar auf einer Zahl.
Um Zuchtwertschätzung zu betreiben, ist die
Grundvoraussetzung, dass man sich erst mal darauf einigt was man
überhaupt zur Zuchtwertschätzung untersuchen will.
Seien sie sehr vorsichtig, wenn sie einfach so mal ein Schlagwort in
den Mund nehmen, z.B. Gesundheit. Metrifizieren sie Gesundheit, sie
werden staunen, wie schnell sie hier in Probleme geraten. Die
Grundfrage wird immer bleiben, wie metrifizieren sie die Merkmale, die
sie zur Zuchtwertschätzung heranziehen. Im einfachsten Fall
sind das binäre Größen, also "liegt vor"
oder "liegt nicht vor". Oder sie bilden "Leistungsklassen", also sowas
wie z.B. Schulterhöhe (35-40cm)=Klasse 1, (40-45cm)=Klasse 2
usw. usf.
Sie können dieser Metrifizierung nie ausweichen, wenn sie
ernsthafte Untersuchungen machen wollen. Alles andere ist
Bauchgefühl, das hat seine Berechtigung, aber es wird nie
nachprüfbar sein.
Hat man diese Hürde genommen, dann kommt schon die
nächste. Zuchtwertschätzung sagt, dass man der
Zuchtwert derart zu definieren hat, dass er die Abweichung vom
Rassedurchschnitt misst. Puuhh, da haben wir jetzt in der Praxis schon
fast ein Katze-Schwanz-Problem.
Wie würden sie den momentanen, durchschnittlichen HD-Wert der
Eurasierrasse berechnen?
Tja, da gehts schon los, wie macht man da eine gute Annahme. Nimmt man
den Durchschnitt aller lebenden Tiere? Was macht man mit den
Tieren, die nicht untersucht sind?
Hier erlaube ich mir jetzt einfach mal, diesen Ansatz, dass Zuchtwert
die Abweichung vom Rassedurchschnitt misst, außer acht zu
lassen. Man kann diese Forderung immer hintenrum wieder einbauen, indem
man die Metrifizierung darauf hintrimmt, aber lassen wir einmal dieses
etwas schwierige Thema außen vor und schauen uns einfach mal
ein Beispiel an.
Nehmen wir an wir wollen den Zuchtwert eines Tieres in Hinblick auf HD
mit Hilfe seiner Nachkommen abschätzen. Nehmen wir zur
weiteren Vereinfachung an (das tut der Allgemeingültigkeit
keinen Abbruch) , dass wir nur 2 Werte messen, HD liegt vor =0, HD
liegt nicht vor =1.
Das Zuchtziel sollte klar sein: HD liegt nicht vor =1
Nehmen wir mal an, das zu untersuchende Tier hat 12 direkte Nachkommen.
Davon sind idealerweise alle 12 untersucht und noch idealerweise sind
alle HD frei.
Also ergibt unsere Rechnung: 12*1/12 =1. Also so gesehen haben wir
unser Zuchtziel bei diesem Tier wohl schon erreicht, es zeigt einen
geschätzten Nachkommenszuchtwert bzgl HD von 1 oder 100%.
Wären nur 10 Hd-frei würden wir erhalten:
(10*1 + 2*0)/12 =10/12=5/6=83.3%
Aber jetzt nähern wir uns einem Problem der Praxis. Was ist zu
tun, wenn von den 12 Nachkommen nur 8 untersucht sind-4Hd frei und 4
mit hd. Was nun? Die nicht untersuchten einfach unter den Tisch fallen
lassen? Das scheint mir nicht gerechtfertigt.
Ich habe schon mal vorgeschlagen, dass man ein Interwall
abschätzt, indem man die nicht untersuchten einmal als optimal
und einmal als maximal nichtoptimal rechnet und den Zuchtwert
nach oben und unten eingrenzt.
Das würde so aussehen: z(opt)=(8*1+4*0)/12 =8/12=2/3=66,6%
Z(pes)=(4*1+8*0)/12=1/3=33,3%
Also würde der wahre Wert irgendwo zwischen 33,3 und 66,6
Prozent liegen.
Sie sehen sofort, wie groß das Interwall wird wenn nur ein
Drittel der Nachkommen nicht untersucht sind. Die
Größe dieses Interwalls ist ein direktes
Maß für die Zuverlässigkeit der
Abschätzung.
Das Prinzip dürfte jetzt schon klar sein. Wen man nun alle
Zuchtwertschätzungen auf diese Weise durchführt (man
kann das jetzt für die Nachkommen, die Familie, die Ahnen und
für jeweils das interessierende Merkmal tun), dann kommt man
zu einem Satz von Zahlen. Diesen Satz von Zahlen kann man jetzt noch
verhackstücken ,Stichwort Indexbildung.
Wichtig ist, dass man nie ausser acht lässt, dass ein
großes Interwall aufgrund nicht untersuchter Tiere, das ganze
immer mehr zum Würfeln verkommen lässt.
Wie gesagt, dass was ich hier angedacht habe, ist nichts weiter, als
ein sehr einfaches Modell, um zu metrifizierten
Zuchtwertschätzungen zu gelangen.
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